Ihre Meinung
Weil Verschiedensein normal ist
„Inklusion bedeutet, dass Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Menschen und Menschen mit anderen Besonderheiten ganz selbstverständlich dazugehören und in unserer Gesellschaft zusammenleben. Wenn wir dieses große Ziel „Inklusion“ tatsächlich erreicht haben, müssen wir nicht mehr über Themen wie Barrierefreiheit oder Leichte Sprache diskutieren. Wir denken dann nicht mehr darüber nach - es ist einfach normal. In Thüringen wurden dafür schon ganz viele Impulse gesetzt. Wir haben den Thüringer Maßnahmeplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und auch viele Kommunen haben sich schon auf den Weg gemacht und Aktionspläne erstellt, um alle Menschen aktiv in die Gesellschaft aufzunehmen. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass es selbstverständlich ist, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt leben können, dass wir ein gutes Stück hin zu einer inklusiven Gesellschaft voran kommen und dass wir auch zukünftig Menschen mit schweren Behinderungen auf diesem Weg mitnehmen.“
Jena ist Vorreiter auf dem Gebiet der Inklusion
„In Jena lernen die meisten behinderten Schüler - 80 Prozent - im gemeinsamen Unterricht mit Schülern ohne Behinderung. Der Nahverkehr ist barrierefrei: So gibt es zum Beispiel in Bussen und Straßenbahnen keine Stufen, fast alle Haltestellen verfügen über Leitstreifen, an denen sich blinde Menschen mit ihrem Langstock orientieren können, an neuen Haltestellen und auf dem Busbahnhof gibt es sprechende Informationstafeln. Außerdem sind die meisten öffentlichen Gebäude für Menschen mit Gehbehinderung gut zugänglich, weil sie stufenlos erreichbar sind oder über einen Fahrstuhl verfügen.
Es müssen trotzdem noch mehr Möglichkeiten geschaffen werden, damit Menschen mit Behinderung eine größere Wahlfreiheit für ihre berufliche Zukunft haben. Außerdem gibt es in unserer Stadt noch zu wenig barrierefreie Wohnungen. Auch Freizeitangebote könnten erweitert werden, damit Menschen mit und ohne Behinderung mehr gemeinsam unternehmen können.“
Leben als Rollstuhlfahrer
„Ich heiße Elisabeth und bin durch eine angeborene Körperbehinderung auf einen Rollstuhl angewiesen. In diesem Bericht würde ich euch gerne kurz erzählen, wie mein Leben als Rollstuhlfahrer ist und mit welchen Problemen man dadurch im Alltag zu kämpfen hat. Dadurch, dass meine Beine nicht funktionieren, müssen meine Arme jegliche Stützkraft übernehmen. So erfolgt der Transfer in den Rollstuhl auf die Toilette und in mein Bett zu 70% nur mit Armkraft. Das An- und Ausziehen mache ich vom Rollstuhl aus. Bei Dingen, die für mich zu schwierig sind, erhalte ich Unterstützung durch meine Familie.
Als Rollstuhlfahrer begegnet man im Alltag einigen Problemen, um die sich andere Menschen keine Gedanken machen müssen. Im Straßen- und Personenverkehr sehe ich dadurch, dass ich sitze, meine Umwelt aus einem anderen Blickwinkel. Um Menschen direkt ins Gesicht zu schauen muss ich den Kopf heben. Eine besondere Erschwernis erlebe ich beim Fahren mit meinem E- Rollstuhl durch Menschenmengen, weil ich mich dabei sehr darauf konzentrieren muss, Menschen nicht versehentlich anzufahren. Hier erlebe ich es leider oft, dass die Menschen nicht die Rücksicht nehmen, die ich gerne erwarten würde.
Mit der Barrierefreiheit bin ich in unserer Stadt Jena grundsätzlich sehr zufrieden. Besonders gut gefallen mir die Möglichkeiten im Jenaer Nahverkehr. Hier ist jede Bahn und jeder Bus durch eine anlegbare oder herausziehbare Rampe passierbar. Auch die meisten Einkaufsmöglichkeiten - Center und Läden - sind mit Fahrstühlen ausgerüstet oder barrierefrei. Dennoch gibt es auch hier noch Dinge, die dringend verbessert werden müssen: Es gibt noch zu viele Bordsteine, die zu hoch und für Rollstuhlfahrer nicht zu überwinden sind. Hierbei fällt mir oft auf, das viele Autofahrer die wenigen
Übergangsmöglichkeiten mit ihrem Auto ohne zu überlegen einfach zuparken. In Jena gibt es noch viele Ampelübergänge, wie zum Beispiel am Johannesplatz oder Am Steiger, die einfach zu kurz geschaltet sind, sodass es einem Rollstuhlfahrer nicht möglich ist, die Straße in so kurzer Zeit zu überwinden.
In der Zukunft wünsche ich mir, dass die gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz in unserer Gesellschaft weiter wächst. Wir haben in Jena schon viel erreicht, was die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen betrifft.“